ZEIT ONLINE: Venus: Auf zur Hölle nebenan | ZEIT ONLINE. https://www.zeit.de/wissen/2021-06/venus-mission-nasa-weltraumsonden-veritas-davinci
Wer die Hölle sucht, muss bloß in ein Raumschiff steigen. Auf geht’s zu unserem Nachbarplaneten, immer in Richtung Sonne. Ein paar Monate später ist man da: Schwefel wabert durch die Luft, Vulkane speien Lava, das Thermometer klettert auf 465 Grad. Hallo, Venus!
Nein, leben will man hier wirklich nicht. Aber man kann ja mal eine Raumsonde vorbeischicken. Oder zwei. Genau das plant die Nasa für die Jahre 2028 bis 2030. Sie will dann VERITAS und DaVinci+ zur Höllenwelt nebenan schießen, gab sie am Mittwoch bekannt.
Endlich, möchte man sagen. Denn für Jahrzehnte war die Venus der wohl am stärksten vernachlässigte Planet in unserem Sonnensystem. Mehr als zwei Dutzend Vorschläge für Raumsonden haben Forscherinnen und Forscher im Lauf der Zeit eingereicht. Kein einziger bekam den Zuschlag.
Die Nasa steuerte stattdessen andere Ziele an, allen voran den Mars. Seit den Neunzigerjahren haben 16 Missionen den Roten Planeten erreicht, darunter sechs Rover. Die Venus dagegen flogen die Weltraummächte in diesem Zeitraum bloß dreimal an, jeweils mit einem sogenannten Orbiter, der immer wieder Ellipsen um einen Planeten zieht. Sie tasteten die Venus mit Radar und Infrarotsensoren ab – die einzige Möglichkeit, um aus dem All durch die dichten Wolken aus Schwefelsäure zu schauen.
Einzig vier sowjetische Sonden in den Siebziger- und Achtzigerjahren wagten sich bis zur Oberfläche vor. An Ballons befestigt sanken sie durch die ätzende Suppe und funkten rasch ein paar Messdaten zur Erde. Eine Stunde nach dem Touchdown hatte sie der gewaltige Luftdruck – vergleichbar mit dem Wasserdruck in einem Kilometer Tiefe – schon zu Elektroschrott zerquetscht.
Die Fotos der Venera-Sonden zeigen geschundenen Stein und gelbe Wolken am Horizont. Nichts, 定语从句was man sich näher anschauen müsste, dachte man damals in den Schaltzentralen der irdischen Raumfahrtagenturen. Und so konzentrierte man sich lieber auf den anderen, roten Nachbarplaneten der Erde, 定语从句auf dem man vergleichsweise leicht Messstationen und Rover betreiben kann.
Der Mars beflügelte Alien-Fantasien, die Venus versprühte Langeweile
Die Begeisterung für den Mars gründete von Anfang auf einem kindlichen Traum: Außerirdische direkt vor unserer Haustür. Bis ins frühe 20. Jahrhundert fantasierten manche Astronomen von einer Marszivilisation, 定语从句die einst mächtige Kanäle aushob. Immerhin bis in die Sechzigerjahre glaubte ein Teil der Experten an Pflanzen auf der Oberfläche. Und noch heute träumen Marsfans von Mikroben, die irgendwo im Untergrund leben – Mikroben, 定语从句nach denen dereinst Astronautinnen buddeln könnten.
Die Venus, 分词定语benannt nach der römischen Liebesgöttin, galt dagegen lange als Inbegriff der Langeweile. Schön anzuschauen, wenn sie kurz nach Sonnenuntergang am Nachthimmel aufleuchtet, das schon. Und vielleicht etwas, 定语从句von dem man eines Tages etwas über anorganische Chemie lernen könnte. Doch nichts, 定语从句was eine milliardenschwere Mission wie die des jüngsten Mars-Rover der Nasa rechtfertigen würde.
Doch in den letzten Jahren hat sich der Blick von Expertinnen und Experten gewandelt. Das hat nicht nur mit den Tausenden Planeten außerhalb unseres Sonnensystems zu tun, 定语从句die in manchen Fällen der Venus ähneln. Sondern auch mit einer Entdeckung aus dem September 2019: Astronominnen spürten damals mit Teleskopen Spuren des Gases Monophosphan in der Atmosphäre der Venus auf (Nature Astronomy: Greaves et al., 2020). Auf der Erde entsteht das Molekül unter anderem dann, wenn Bakterien in Sümpfen Materie verdauen. 主语从句Ob Monophosphan wirklich auch in den Wolken der Venus vorkommt, ist bis heute umstritten, genau wie die Frage, ob es wirklich ein Hinweis auf winzige Venusianer wäre.
Aber die Debatte darum hat zweifellos dazu beigetragen, dass VERITAS und DaVinci+ die Ausschreibung der Nasa für sich entschieden haben. Allein schon deshalb, weil man die Kosten von jeweils 500 Millionen Dollar nun auch hier mit der Suche nach außerirdischem Leben rechtfertigen kann, noch immer das stärkste Zugpferd in der Öffentlichkeitsarbeit der Nasa.