Frankreich: Eine Tour de France durch fünf bezaubernde Städte – WELT

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Die Vorfreude auf den Sommer steigt. Wie wäre es mit einer Kurzreise nach Frankreich? Paris geht natürlich immer, doch spannender sind die weniger bekannten und nicht überlaufenen Städte im Norden und Osten. Wir stellen fünf Tipps vor.

Colmar: Fachwerk und feine Spezialitäten
Der Kontrast ist genial: Auf der einen Seite des Platzes steht das alte Dominikanerinnenkloster aus dem 13. Jahrhundert, auf der anderen dieser State-of-the-Art-Klotz aus handgebrochenem Klinker, ein sachlich-zeitgenössischer Koloss, 定语从句in dem moderne Kunst ausgestellt wird. Dazwischen fließt ein Kanal, bei gutem Wetter sitzen Menschen auf den Stufen am Wasser.

Mit dem Umbau des bekannten Musée Unterlinden hat das schweizerische Architektenduo Herzog & de Meuron Colmar eine neue Stadtmitte geschenkt. In das Vorgänger-Museum sind die Besucher allerdings auch schon vorher gepilgert, denn es beherbergt den größten Schatz der elsässischen Stadt: den Isenheimer Altar von Matthias Grünewald, 定语从句der sich aufblättern lässt wie eine Bibel, 分词状语gelobt als eines der faszinierendsten Kunstwerke des Mittelalters. Allein für den Altar lohnt sich die Reise in die drittgrößte Stadt des Elsass.

Doch für Colmar sprechen noch einige Gründe mehr: die charmanten Gassen des Gerberviertels, die schönen Fachwerkhäuser, die feinen Spezialitätengeschäfte, die perfekt sortierten Weinläden, die Cafés und Bistros. Zum Glück liegt alles nah beieinander, man erobert die Stadt am besten als Flaneur.

Zum Beispiel so: Im herrlich plüschigen Café „Au Croissant Doré“ tprinkt man einen Milchkaffee oder probiert eine der leckeren Quiches, schlendert dann an der postkartenidyllischen Place de l’Ancienne Douane, dem alten Zollplatz, vorbei in Richtung der schön restaurierten Colmarer Markthalle, überquert kurz darauf das Flüsschen Lauch, um die bunten Fachwerkhäuser im Viertel Klein Venedig zu betrachten. Die Farben der Fassaden haben früher verraten, 宾语从句wer in den Häusern lebte: Blau war den Fischern und Metzgern vorbehalten, in den braun getünchten Häusern waren die Gerber zu Hause, wohlhabende Bürger lebten hinter gelben Anstrichen.

In Colmar kann man außerdem fantastisch essen gehen, die Plätze in den vielen großartigen Restaurants, 定语从句die die Stadt beherbergt, waren vor Corona auch unter der Woche sehr begehrt. Im „L’Atelier du Peintre“ gibt es raffiniert-kreative Küche von Loïc Lefèbvre, in Klein Venedig betreibt der mit zwei Michelin-Sternen geadelte Jean Yves Schillinger sein nobles „JY’S“.

主语从句Wer die deftige Fleischküche des Elsass liebt, ist in der „Winstub Flory“ oder der „Wistub Brenner“ an der richtigen Adresse. Den besten Fisch bekommt man seit Ewigkeiten schon im „Aux Trois Poissons“. Auf eins, das merkt man schnell, sollte man bei einem Colmar-Besuch definitiv verzichten: das Kalorienzählen. Alexander Jürgs

Nancy: Jugendstil und Königskuchen

Augen auf bei der Schwiegersohn-Wahl! Als glückloser polnischer König musste Stanislaus Leszczynski (1677–1766) mehrfach ins Exil flüchten – und hatte doch alles richtig gemacht. Er verheiratete seine Tochter Maria mit König Ludwig XV. von Frankreich und erhielt dafür das Herzogtum Lothringen. Wo er sich fortan als emsiger Bauherr und Mäzen der Kochkunst gefiel.

In der nordostfranzösischen Metropole Nancy mit ihren 105.000 Einwohnern ist das Wirken des „guten Königs Stanislaus“ noch heute mit viel Genuss verbunden. Allein der klassizistische Place Stanislas ist ein Augenschmaus. Der weitläufige Platz mit seinen Brunnen und goldenen Toren, dem schmucken Rathaus und dem Musée des Beaux-Arts – mit Werken von Caravaggio, Monet und Picasso – ist Unesco-Weltkulturerbe. Mit dem Place de la Carrière und dem Place de l’Hémicycle bildet der „Place Stan“, 状语从句wie ihn die Leute hier nennen, 同位语ein einzigartiges Ensemble aus Architektur, Kunst und Gartenbau.

Im Gegensatz dazu steht die enge Altstadt mit gewundenen, mittelalterlichen Gassen, Boutiquen, Antiquitätenläden und verführerischen Cafés. Wo der gute Stanislaus wieder ins Spiel kommt. Der Wohltäter von Nancy schätzte als Genussmensch Süßigkeiten jeglicher Art. Ihm zu Ehren wurden die Madeleines kreiert, kleine Küchlein mit Zitronengeschmack.

Der lothringische Herzog persönlich, so besagt es die Legende, erfand den Baba, in Tokajer oder Rum getränkten Napfkuchen. Einige Konditoreien und Cafés haben sich eigens zu den „Nancy Passions Sucrées“ zusammengeschlossen und überbieten einander mit traditionellem Naschwerk. Unbedingt probieren sollte man die Bergamotte-Bonbons, 同位语ebenfalls ein Erbe Stanislaus’.

主语从句Was beim König sonst noch auf der Speisekarte stand, lässt sich im Restaurant „À la Table du Bon Roi Stanislas“ nachschmecken. Hervorragende Küche bietet auch die Brasserie „L’Excelsior“, 定语从句wobei allein schon das Ambiente Grund genug ist, um hier essen zu gehen: Das Lokal befindet sich im prachtvollsten Jugendstilgebäude der Stadt. Und das will etwas heißen, Jugendstil gibt es reichlich in Nancy, die Stadt ist eine Wiege der Art nouveau. Die Villa Majorelle, das Mangon-Gebäude, die Jacques-Apotheke – lauter Perlen dieser Epoche.

Und dann ist da noch das Jugendstilmuseum Musée de l’École de Nancy mit einer gut bestückten Sammlung, die Werke von Künstlern aus der Stadt zeigt, darunter Émile Gallé und Louis Majorelle. Man kann sich gar nicht sattsehen an den Gemälden, den Lampen, der Glaskunst – und würde am liebsten in dem komplett durchgestalteten Esszimmer Platz nehmen, doch leider lassen das die strengen Wärter nicht zu. Hans Schloemer

Reims: Art déco und Champagner

Es liegt was in der Luft von Reims, das selbst steinerne Engel zum Schmunzeln bringt. Die Vorstellung hat einen gewissen Charme, dass es womöglich der Champagner ist, der die Engelsfigur am Hauptportal der Kathedrale Notre-Dame so selig lächeln lässt. Denn bei der Reifung in den riesigen unterirdischen Weinkellern der 185.000 Einwohner zählenden inoffiziellen Hauptstadt der Champagne verdunstet stets ein Teil des Schaumweins. Diese flüchtigen alkoholischen Substanzen werden seit je „part des anges“ genannt – der Anteil der Engel.

Das gotische Meisterwerk Notre-Dame ist Weltkulturerbe und geschichtsträchtig. 33 französische Könige wurden zwischen 893 und 1825 in Reims gekrönt, 25 der Zeremonien fanden in der Kathedrale, Baubeginn 1211, statt. Man lernt viel über die Krönungsmessen im Palais du Tau gleich nebenan, ebenfalls Welterbe. Der einstige Palast des Erzbischofs birgt auch Schätze wie den Talisman von Karl dem Großen. Das dritte Weltkulturerbe ist die gallo-römische Basilika Saint-Remi aus dem 9. Jahrhundert mit dem Grab des heiligen Remigius.

Doch Reims punktet nicht nur mit uraltem Gemäuer: Beim Schlendern durch die Stadt fallen immer wieder die Art-déco-Fassaden ins Auge. Wahre Schmuckstücke des ornamentalen Baustils der 1920er-Jahre sind die Carnegie-Bibliothek und das Grand Théâtre.

Nicht minder dekorativ sind viele der 230 Oldtimer im Automobilmuseum. Star der Ausstellung ist der berühmte Scar, 定语从句der 1908 in der Nähe von Reims produziert wurde; heute gibt es weltweit höchstens sieben Exemplare. Die Sammlung ergänzen Feuerwehrwagen, seltene Motorräder und historische Tretautos. Ein Traum für Fans ist die Miniatur-Sektion mit über 5000 Modell- und Spielzeugautos.

Genießer sollten das wunderbare „Café du Palais“ ansteuern. Dort sitzt man nicht nur mittendrin im üppigsten Art déco, es lassen sich auch trefflich die lokalen Spezialitäten verkosten, allen voran die biscuits roses. Die pinkfarbenen Löffelkekse werden gern in Champagner getunkt.

Auch in der bestens sortierten Markthalle von Boulingrin werden Foodies glücklich. Ringsum haben sich Feinkostgeschäfte und sympathische kleine Restaurants versammelt. Nicht verpassen: Die Boutique Tresors de Champagne ist eine Art Showroom, in dem man die Champagner von 28 kleineren Produzenten probieren kann.

Die meisten der weltberühmten großen Häuser bitten gleich in die Unterwelt: Im Maison Pommery etwa geht es bei der Champagnerkellerführung 30 Meter tief in die crayères, 定语从句die noch aus der Römerzeit stammen. In dem Tunnel-Labyrinth lagern über 20 Millionen Flaschen. Hans Schloemer

Lille: Paläste mit Kunst und Bier
Nordfranzosen sind arm, etwas beschränkt, reden in einem kaum verständlichen Idiom gegen den ständig rauschenden Regen an – so zumindest kommen sie in dem Kultfilm „Willkommen bei den Sch’tis“ (2008) rüber, der all diese Klischees aneinanderreiht (und dann zum Glück wieder auflöst). Dabei wurde das an der Grenze zu Belgien gelegene Lille schon 2004 zur Europäischen Kulturhauptstadt gekürt, um dem übrigen Frankreich dabei zu helfen, diese Ignoranz zu überwinden. Seit es auch noch zur Weltdesignhauptstadt 2020 ernannt wurde, gibt es kein Pardon für Vorbehalte mehr.

Sicher: Bergbau und Textilindustrie hatten wenig zur Attraktivität der 230.000-Einwohner-Stadt und ihres Umlands beigetragen, doch Lille ging den Strukturwandel entschieden an, setzte auf Kultur und Bildung, polierte die eleganten Fassaden seiner Altstadt und bietet heute nicht nur seinen mehr als 100.000 Studenten eine ansehnliche Kulisse zum Schlendern, Shoppen und Schauen. Die Infrastruktur ist hochmodern, und Lille ist von Paris, London, Brüssel, Köln und Amsterdam aus flott mit den Superschnellzügen Thalys, TGV und Eurostar zu erreichen, wenn nicht gerade eine Pandemie den Kontinent lahmlegt.

Regen fällt allerdings tatsächlich öfter als im Süden Frankreichs. Doch wen kümmert das angesichts der grandiosen Museumslandschaft? Das Palais des Beaux-Arts zeigt auf 22.000 Quadratmetern Werke von Goya über Monet bis Rodin. Im Lille Métropole Musée d’art moderne, d’art contemporain et d’art brut, kurz LAM, sind über 7000 moderne und zeitgenössische Arbeiten versammelt. Bildschön ist das in einem Art-déco-Schwimmbad aus den 1920er-Jahren untergebrachte Musée d’art et d’industrie (Museum für Kunst und Gewerbe) im Nachbarstädtchen Roubaix.

Wer noch nicht genug hat, kann im nahen Lens in der auf einem einstigen Zechengelände entstandenen Filiale des Pariser Louvre Kunst von der Antike bis zum 19. Jahrhundert erleben. Und wenn die Sonne dann doch aus den Regenwolken herauskommt, setzt man sich in Lille vor eines der schönen Cafés oder eine der Brasserien am Place du Général de Gaulle, bestellt Miesmuscheln von der nahen Küste und dazu ein Bier. Denn in dieser Stadt lebt und trinkt man so flandrisch, dass man – wie die Belgier jenseits der Grenze – Bier vor Wein den Vorzug gibt. Stefanie Bisping

Metz: Prunkbauten und Souvenirs aus Mirabellen
Allein wegen des Bahnhofs lohnt die Anreise mit dem Zug. Mit seiner wilhelminischen Pracht ist der Gare de Metz-Ville, der Hauptbahnhof von Metz, ein architektonisches Kleinod, einzigartig in Europa. Das gesamte Bahnhofsviertel der lothringischen Stadt an der Mosel ist mit seinen neoromanischen Fassaden, Art-déco-Verzierungen und allegorischen Reliefs von dem opulenten Baustil geprägt, den Kaiser Wilhelm II. verordnete, nachdem Metz 1871 vom Deutschen Reich eingemeindet worden war.

Nur einige Hundert Meter vom Quartier Impérial entfernt, auf der anderen Seite der Bahngleise, wird man wie mit einer Zeitmaschine in das hypermoderne Viertel Amphithéâtre katapultiert. Gleich neben dem Einkaufszentrum Muse wirkt das Centre Pompidou-Metz, ein Museum für zeitgenössische Kunst, wie ein Riesen-Segel, das man über hölzerne Gewölbe gelegt und mit Panoramafenstern ausgestattet hat. Coronabedingt musste es vorübergehend schließen, doch ist die Dauer einiger aktueller Ausstellungen – etwa „Aerodream“ mit aufblasbaren Strukturen – bis Ende August angesetzt, wenn das Museum hoffentlich längst wieder offen ist.

Zunächst bis Ende April verlängert wurde die Schau „Chagall. Überbringer des Lichts“, die erstmals die Glasmalerei des Künstlers ins Rampenlicht stellt. Mit strahlenden, mystischen Glasfenstern, die biblische Motive zeigen, hat sich Marc Chagall auch in der Kathedrale von Metz verewigt. Der gotische Prachtbau, der wegen seines lichtdurchfluteten Hauptschiffs „Laterne Gottes“ genannt wird, feierte 2020 sein 800-jähriges Bestehen.

An den Außenfassaden der Kathedrale wachen gruselige Wasserspeier, Dämonen und Drachen darüber, dass sich in den Tavernen und Restaurants der Altstadt niemand der sündigen Völlerei hingibt. So weit die Theorie. In der Praxis widersteht kaum jemand der Versuchung, denn Metz ist das kulinarische Herz Lothringens, bekannt für rustikale Cuisine. Auf den Speisekarten heimeliger Terroir-Lokale findet man zum Beispiel Quiche Lorraine (Speckkuchen), Potée (Fleisch-Gemüse-Eintopf), Tourte (gefüllte Blätterteigpastete) oder Andouille (Gekrösewurst).

Mit einem Füllhorn an Regionalprodukten lockt der Marché Couvert, die historische Markthalle. Hier kommt vor allem die goldgelbe Mirabelle zu Ehren. Man verwendet die süße Frucht, von der 75 Prozent der weltweiten Ernte aus den Obstgärten rund um Metz stammen, für Branntwein und Liköre, Torten und Plätzchen, Bonbons und Konfitüren, sogar für Seifen und Kosmetik. An Metzer Mitbringseln herrscht also kein Mangel. Rob Kieffer

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